Besorgniserregend: Fehlernährung bei Kindern

Überall lauern Zucker- und Fettfallen, Bewegung ist dagegen immer weniger angesagt: Die Kinder und Jugendlichen werden dicker – und das ist gesundheitlich problematisch.

Wenn man sich anschaut, wie die Lage bei den Erwachsenen aussieht, verwundert die grassierende Fehlernährung bei Kindern und Jugendlichen kaum. Mehr als jede zweite Frau und zwei von drei Männern sind laut Robert-Koch-Institut übergewichtig. Als fettleibig (adipös) gelten in beiden Geschlechtern knapp ein Viertel der Erwachsenen. Dagegen wirken die 15 Prozent, auf die der Anteil übergewichtiger und adipöser Kinder und Jugendlicher (3 bis 17 Jahre) geschätzt wird, noch vergleichsweise harmlos.

Und doch ist diese Zahl besorgniserregend. Denn noch in den 90er-Jahren lag der Anteil der übergewichtigen Kinder bei unter 10 Prozent. Die fehlernährten Kinder haben ein hohes Risiko für Folgeerkrankungen.

„Mit dem Übergewicht steigt in der Regel auch der Blutdruck, das Herz wird stärker belastet, der Zucker- und der Fettstoffwechsel geraten aus dem Takt“, erläutert der in Berlin-Wittenau praktizierende Kinderarzt Kyros Mani. „Zudem müssen die Gelenke mehr Gewicht tragen, als eigentlich vorgesehen ist. Das führt zu übermäßigem Verschleiß, der sich in späteren Jahren rächen kann.“

Überdies verweist Kinderarzt Mani auf die seelischen Belastungen, die Übergewicht und Fettleibigkeit mit sich bringen können. Häufig sind betroffene Kinder und Heranwachsende das Ziel von Mobbing und anderen negativen Reaktionen des sozialen Umfelds. Daraus können Depressionen und weitere psychische Leiden resultieren.

Offener Brief fordert entschiedeneres Handeln der Politik
In einem Offenen Brief haben über 2.000 Ärzte im Mai dieses Jahres effektive Maßnahmen gegen die „Adipositas-Epidemie“ gefordert. Die zahllosen stark zucker- oder fetthaltigen Nahrungsmittel sollten klarer gekennzeichnet und zurückgedrängt werden. Zudem brauche es umfangreichere Ernährungsbildung in den Schulen.

„In Sachen Prävention ist Deutschland ein Entwicklungsland“, meint Thomas Fischbach, der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). „Während zahlreiche andere Staaten in Europa im Kampf gegen Fehlernährung bei Kindern und Jugendlichen die Lebensmittelwirtschaft in die Pflicht nehmen, setzt die Bundesregierung weiterhin auf freiwillige Vereinbarungen mit der Industrie und auf Programme für Ernährungsbildung. Das ist die falsche Strategie.“