Bündnis fordert konsequentere Kinderarmuts-Bekämpfung

Armut hat oftmals gesundheitliche Folgewirkungen – körperlich wie psychisch. 17 Organisationen und Verbände, darunter der Kinderärzte-Berufsverband, setzen sich nun für eine Gesamtstrategie zur Eindämmung von Kinderarmut in Deutschland ein.

Viele Menschen sind noch immer erstaunt, wenn sie von Kinderarmut in Deutschland hören. In einem der reichsten Länder der Welt, das zudem über ein vergleichsweise üppiges Sozialsystem verfügt? Diese Wahrnehmung geht darauf zurück, dass unter Armut oft nur existenzielle Armut verstanden wird, also ein täglicher Kampf ums Überleben. „Tatsächlich aber haben auch ‚schwächere‘ Formen von Armut potenziell gravierende Auswirkungen auf die Gegenwart und Zukunft von Kindern, auch und nicht zuletzt auf gesundheitlicher Ebene“, hebt der in Berlin-Wittenau praktizierende Kinderarzt Kyros Mani hervor.

Mehr als ein Fünftel der Kinder hierzulande gelten als arm. Die Grenze, ab der von relativer Armut gesprochen wird, liegt für eine vierköpfige Familie derzeit bei einem Nettoeinkommen von 1.926 Euro pro Monat. Unterhalb dieser Kaufkraft wird es schwierig, den Kindern eine gesunde Ernährung, Sportangebote, soziale Teilhabe und Bildungsunterstützung zu gewähren.

Die EU-Staaten haben sich im vergangenen Jahr auf eine Kindergarantie verpflichtet, die die Befriedigung aller Grundbedürfnisse aller Kinder sicherstellen soll. Bis März, also in den nächsten Wochen, muss die Bundesregierung einen Aktionsplan zur nationalen Umsetzung vorlegen.

Ressortübergreifender Ansatz, Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
In die Diskussion hat sich nun ein Zusammenschluss von 17 Organisationen eingeschaltet, darunter der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), das Deutsche Kinderhilfswerk, UNICEF Deutschland, der Kinderschutzbund und die Deutsche Liga für das Kind. In einem Eckpunktepapier fordern sie die Politik auf, eine Gesamtstrategie zu entwickeln, die einem ressortübergreifenden Ansatz folgt und Kinder und Jugendliche beteiligt. Neben dem Familienministerium müssten etwa auch das Gesundheits-, das Bildungs- und das Arbeitsministerium sowie das Ministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen mit im Boot sein. Sie alle sollten wiederum mit Ländern und Kommunen, mit Trägern der Kinder- und Jugendhilfe sowie mit Wissenschaft und Zivilgesellschaft an einem Strang ziehen.

„Der Nationale Aktionsplan muss im Rahmen einer Gesamtstrategie zur Bekämpfung von Kinderarmut und sozialer Ausgrenzung betrachtet und erarbeitet werden, die infrastrukturelle und finanzielle Maßnahmen zusammendenkt. Dabei sollten alle der in der Kindergarantie benannten Bereiche (Bildung, Betreuung, Gesundheit, Ernährung, Wohnen) gleichermaßen berücksichtigt werden“, heißt es in der Stellungnahme. Zudem müsse das menschenwürdige Existenzminimum neu berechnet und eine Kindergrundsicherung eingeführt werden.