Hoher Zuckerkonsum bleibt in Deutschland ein Problem
Zwischenergebnisse zeigen, dass die Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten nicht den erhofften Effekt erzielt.
Fertiglebensmittel sind nicht nur praktisch und sparen Zeit, sondern „bestechen“ gewissermaßen auch den Geschmackssinn – indem sie ihn mit Zucker, Fett und/oder Salz überschütten. Das ist wohlschmeckend und macht Lust auf mehr, tut aber der Gesundheit bekanntermaßen keinen Gefallen.
„Immer mehr Kinder und Jugendliche in Deutschland sind übergewichtig oder fettleibig, was lebenslange gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann. Neben mangelnder Bewegung hat eine sehr zucker- und fetthaltige Ernährung großen Anteil daran. Und hier liegt das Risiko vor allem in stark verarbeiteten Lebensmitteln wie Süßigkeiten und Softdrinks, aber auch Fertigmahlzeiten wie Tiefkühlpizza“, warnt der in Berlin-Wittenau praktizierende Kinderarzt Kyros Mani.
Die Bundesregierung hat das Problem bereits vor längerer Zeit auf ihre Agenda gehoben, setzt einstweilen aber lediglich auf freiwillige Vereinbarungen mit der Lebensmittelindustrie. Dass diese kaum fruchten, belegen nun erste Zwischenergebnisse der sogenannten Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz, die keine echte Besserung erkennen lassen.
„Leider unzureichend“
Als Reaktion darauf haben der AOK-Bundesverband, die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) kürzlich weitergehende Schritte von der Politik gefordert. „Es wird deutlich, dass die freiwilligen Verpflichtungen der Lebensmittelindustrie leider unzureichend sind, um eine messbare und zielführende Zuckerreduktion zu erreichen. Diese Befürchtung haben wir bereits zu Beginn des Prozesses vor zwei Jahren geäußert, leider wurden unsere Kritikpunkte seinerzeit nicht ernst genommen. Nun haben sie sich mehr als bestätigt“, kommentiert die DDG-Präsidentin Prof. Dr. Monika Kellerer.
Dr. Sigrid Peter, Vizepräsidentin des BVKJ, warnt vor allem vor den Gefahren durch hohen Softdrink-Konsum: „Kinder und Jugendliche trinken im Durchschnitt bis zu einem halben Liter zuckergesüßte Erfrischungsgetränke pro Tag. Im Europavergleich liegt Deutschland damit auf dem dritten Platz. Das ist erschreckend, vor allem, wenn man die gesundheitlichen Folgen sieht, mit denen wir Pädiater tagtäglich in unseren Praxen konfrontiert sind.“
Konkret fordern die Verbände ein Werbeverbot für gesundheitlich bedenkliche Kinderlebensmittel und eine Herstellerabgabe auf zuckergesüßte Softdrinks. Mit einer solchen hat beispielsweise Großbritannien in den letzten Jahren deutliche Fortschritte erzielt: Der durchschnittliche Zuckergehalt in Softdrinks sank binnen zwei Jahren um gut ein Drittel.