Immer weniger Antibiotika bei Kindern und Jugendlichen
Eine neue Studie belegt, dass die Ärzte zurückhaltender Antibiotika verordnen – und zwar vor allem bei jungen Patienten.
Dass ein Antibiotikum zwar segensreich sein, aber auch bestimmte Nachteile sowohl für den einzelnen Patienten als auch für die Allgemeinheit mit sich bringen kann, ist weithin bekannt. Dementsprechend gilt es als überholt, jedem kleinsten Infekt mit Antibiotika zu Leibe zu rücken. Stattdessen legen die meisten Mediziner heutzutage hohe Anforderungen zugrunde.
Dieser Paradigmenwechsel lässt sich nun auch schwarz auf weiß in Zahlen nachlesen, veröffentlicht vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (ZI). Das Institut hat die Antibiotika-Verordnungen in den Jahren 2010 bis 2018 untersucht. Ergebnis: In diesem Zeitraum ging der Einsatz systemischer, also den ganzen Organismus betreffender Antibiotika insgesamt um 21 Prozent zurück.
Besonders zurückhaltend agieren die Kinder- und Jugendärzte, wie die ZI-Zahlen zeigen: Der Rückgang der Antibiotika-Verordnungen betrug bei bis zu einjährigen Babys fast 50 Prozent. Ebenfalls weit über dem Bevölkerungsdurchschnitt liegt der Rückgang von 44 Prozent bei 2- bis 5-Jährigen und von 41 Prozent bei 10- bis 14-Jährigen.
Ärzteschaft begrüßt Verordnungsrückgang
„Eine positive Entwicklung, denn lange Jahre wurden auch in solchen Fällen Antibiotika verordnet, in denen es schonendere und risikoärmere Alternativen gegeben hätte“, kommentiert der Kinderarzt Kyros Mani aus Berlin-Wittenau. Das Hauptrisiko besteht in der Ausbildung von immer mehr Antibiotika-Resistenzen. Schon heute gibt es multiresistente Keime, gegen die kaum noch ein Antibiotikum hilft. Hinzu kommen die Störungen der Darmflora und des Immunsystems, die gerade für kleinere Patienten beträchtlich ausfallen können, nebst weiteren möglichen Nebenwirkungen wie allergischen Reaktionen.
Auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) gibt sich erfreut über die Tendenz bei den Antibiotika-Verordnungen: „Antibiotika dürfen nie routinemäßig verordnet werden, sondern immer nur nach genauer Untersuchung und Abwägung aller therapeutischen Möglichkeiten. Wir Kinder- und Jugendärzte setzen uns daher seit Jahren für den sachgerechten Antibiotikaeinsatz ein“, betont BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach. „In diesem Sinne werden wir auch weiter dahin gehend wirken, den Antibiotikaverbrauch unserer Patienten auf das Allernotwenigste zu beschränken, um Antibiotikaresistenzen zu verhindern.“