Kinder- und Jugendärzte fordern Sprachmittlung als Kassenleistung

Gerade in einer Metropole wie Berlin verfügen viele Menschen nicht über ausreichende Deutschkenntnisse, um medizinische Informationen zu verstehen. Eine Übersetzungshilfe sollte daher selbstverständlich werden.

Deutschland ist Einwanderungsland, darüber herrscht breiter politischer Konsens. Daraus folgt, dass zahlreiche Menschen der deutschen Sprache (noch) nicht mächtig sind – ein Umstand, der im Alltag hinderlich sein kann, im medizinischen Notfall aber lebensbedrohlich. Denn wenn das medizinische Personal und die Patienten sich vor allem „mit Händen und Füßen“ verständigen müssen, sind eine valide Diagnose und eine optimale Therapieauswahl und -umsetzung kaum möglich.

„In Berlin leben Menschen aus aller Herren Länder, viele sprechen nur rudimentär Deutsch. Kindern und Jugendlichen fällt das Erlernen der Sprache zwar in der Regel leichter, doch auch sie brauchen ihre Zeit, um medizinische Informationen verstehen und Auskünfte geben zu können. Solange eine Sprachbarriere besteht, ist die Qualität der medizinischen Versorgung gefährdet“, berichtet der in Berlin-Wittenau praktizierende Kinderarzt Kyros Mani.

Wenn die Kinder und Jugendlichen dann gut Deutsch sprechen, müssen sie oftmals als Übersetzer für ihre Eltern einspringen. Bei sehr intimen medizinischen Sachverhalten, etwa gynäkologischer oder urologischer Art, stellt das für viele Heranwachsende eine psychische Belastung dar.

Über 30 medizinische Verbände und Organisationen rufen nach einer Reform
Ein untragbarer Zustand, darin ist sich der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) mit 30 weiteren Fachverbänden und Organisationen einig. In einem gemeinsamen Positionspapier fordern die Pädiater eine klare Kostenübernahme-Regelung für Sprachmittlung und entsprechende Strukturen, damit nicht wie bislang improvisiert werden muss. „Sprachbarrieren gefährden eine optimale gesundheitliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Es sollte doch selbstverständlich sein, dass wir bei teils schwerwiegenden medizinischen Eingriffen sachgerechte Aufklärung leisten können. Wie sollen wir unsere Patientinnen und Patienten beraten, wenn sie uns nicht verstehen?“, bringt der BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach das Problem auf den Punkt.

Im Positionspapier wird darauf verwiesen, dass den Mehrkosten an anderer Stelle Einsparungen gegenüberstehen würden. Denn wegen Sprachproblemen gestaltet sich die Diagnostik häufig aufwendiger als eigentlich nötig.

Doch sprachliche Hilfe bei der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen sollte ohnehin keine Frage der Kosten sein – sondern ein Gebot der Menschlichkeit.