„Lebensmittelampel“ hat (positiven) Effekt
Seit knapp zwei Jahren prangt auf so manchen Lebensmittelverpackungen der sogenannte Nutri-Score, der den Nährwert mit einer Farbskala verdeutlichen soll. Eine Göttinger Studie hat untersucht, ob das einen Unterschied macht.
An dieser Stelle wurde bereits über das wachsende Übergewicht der Kinder und Jugendlichen in Deutschland wie auch über die Hauptgründe dafür berichtet. Dabei regelmäßig im Fokus: zucker- und fettreiche Nahrungsmittel und deren Vermarktung. Um die Kundschaft nicht zu verschrecken, werden ernährungsphysiologisch bedenkliche Lebensmittel gern mit irreführenden Hinweisen versehen, etwa „Jetzt mit 20 % weniger Zucker“ oder „Ohne zusätzlichen Zucker“. Die Wahrheit versteckt sich dann im Kleingedruckten der Zutatenliste. Das Wort „Zucker“ wird darin nach Möglichkeit gemieden, stattdessen stehen Dutzende Synonyme zur Verfügung – für die Verbraucher, die jüngeren zumal, schwer durchschaubar.
Kein Wunder also, dass die Lebensmittelindustrie sich bislang erfolgreich gegen verpflichtende einfache Kennzeichnungssysteme zur Wehr gesetzt hat. Immerhin hat der Gesetzgeber in Deutschland ab November 2020 erlaubt, den sogenannten Nutri-Score auf die Verpackungen zu drucken. Anhand einer Farbkennzeichnung – von Grün für gesund bis Rot für ungesund – können potenzielle Käufer auf einen Blick erkennen, ob sie sich mit dem jeweiligen Produkt wirklich einen Gefallen tun.
Kennzeichnung verschafft mehr Durchblick
Doch hilft das überhaupt? Zwar würde man diese Frage intuitiv mit Ja beantworten, doch das Bauchgefühl kann auch trügen. Wissenschaftler des Lehrstuhls „Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte“ der Uni Göttingen wollten es genau wissen. Für ihre Studie zeigten sie Teilnehmern online drei verschiedene verarbeitete Lebensmittel, die es zwar nicht gibt, aber so geben könnte. Die Verpackungen variierten: Mal fanden sich darauf die üblichen Werbeversprechen, mal auch ein Nutri-Score.
Wie sich zeigte, verdeutlichte erst dieser den Probanden, wie ungesund – da überzuckert – das jeweilige Produkt war bzw. gewesen wäre. Ihr Kaufinteresse verloren die meisten daraufhin. Ohne Nutri-Score hingegen liebäugelten deutlich mehr Teilnehmer mit einem Kauf.
Die Forscher sehen darin einen Beleg für den Nutzen des Nutri-Score, zugleich aber auch für die besorgniserregende Wirkung verkaufsfördernder Verpackungshinweise, die allenfalls die halbe Wahrheit preisgeben. Das Fazit sollte daher lauten: mehr Nutri-Score einerseits, ein Verbot irreführender Behauptungen andererseits.