Mit Schnupfen zum Kinderarzt? Meist nicht nötig!
Viele Kitas agieren zur Corona-Vorbeugung übervorsichtig, schicken Kinder mit Triefnasen nach Hause und verlangen einen ärztlichen Gesundheitsnachweis. Der Berliner Senat hat kürzlich klargestellt: Ein Attest ist für die Wiederaufnahme nicht erforderlich.
Verständlicherweise herrscht unter Eltern derzeit große Verunsicherung, wenn ihre Kinder Erkältungssymptome zeigen. Könnte es sich um Covid-19 handeln? Sollte ein Kinderarzt mal einen Blick darauf werfen? Kann ja nicht schaden!
Ebenso reagieren viele Kita-Leitungen, wenn ein Kind niest und/oder hustet. Zum Schutz vor einer Ausbreitung der Pandemie und insbesondere der eigenen Mitarbeiter wird es dann häufig von der Betreuung ausgeschlossen. Die Eltern werden angewiesen, einen Kinderarzt aufzusuchen und sich die Unbedenklichkeit des Schnupfens bestätigen zu lassen.
In der Folge erleben die pädiatrischen Praxen landauf, landab derzeit einen Ansturm von Eltern mit Kindern, die nur leichteste Symptome aufweisen. „Bei einem einfachen Schnupfen ist in aller Regel keine Vorstellung beim Kinderarzt erforderlich. Eltern sollten hier zunächst gelassen bleiben, wie in normalen Jahren auch“, betont der in Berlin-Wittenau praktizierende Kinderarzt Kyros Mani. Deutlicher drückte es Jakob Maske, Berliner Sprecher des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), gegenüber der „Welt“ aus: Es sei „medizinisch völliger Unsinn“, ein Kind mit Schnupfensymptomen in die Kinderarztpraxis zu bringen.
Kinderärzte blicken mit Sorge auf den Herbst
In den nächsten Monaten steht die Infektsaison an. Die Kinderärzte rechnen daher mit einer Flut eigentlich gesunder Patienten in ihren Praxen, worunter die Versorgung der wirklich behandlungsbedürftigen Fälle leiden könnte. „Wir könnten das nicht bewältigen“, warnt etwa Tanja Brunnert vom niedersächsischen BVKJ-Landesverband.
Die Ärzteschaft appelliert an die Kita-Leitungen, nicht überzureagieren und bei aller nachvollziehbaren Vorsicht auch Kinder mit leichtem Schnupfen nicht auszuschließen. Darüber hinaus solle die Politik dafür Sorge tragen, dass keine unverhältnismäßige Attestpflicht zu einer Überlastung der Kinderarztpraxen führt.
Der Berliner Senat hat darauf mit einer Handreichung reagiert. An die Berliner Kita-Träger erging ein Schreiben, in dem es heißt: „Grundsätzlich sollen erkrankte Kinder nicht in die Kita gehen. Bestehen bei einem Kind Anzeichen für eine akute Atemwegsinfektion, die ein Hinweis auf eine Covid-19-Erkrankung sein kann, darf das Kind nicht in die Einrichtung kommen. Mögliche Symptome sind Gliederschmerzen, Schüttelfrost, Fieber, Kurzatmigkeit. Bei der Wiederaufnahme ist kein ärztliches Attest oder Test erforderlich. Eltern sind aber gehalten, zu bestätigen, dass ihr Kind in den letzten 48 Stunden keines dieser Symptome hatte.“ Berliner Eltern haben damit die Autonomie zu entscheiden, ob ihr Kind bei leichten Schnupfensymptomen wirklich zum Arzt gebracht werden sollte.