Sehkraft von Kindern durch Lockdown bedroht
Kurzsichtigkeit ist bereits seit Längerem auf dem Vormarsch, woran Bildschirme großen Anteil haben. Der Pandemie-bedingte Lockdown könnte das Problem verschärfen, wie eine Studie aus China nahelegt.
Der Pandemiealltag von Kindern und Jugendlichen wird in der Regel stark vom Bildschirm geprägt. Beim Homeschooling blicken sie auf das Laptop-Display, in der Freizeit stehen eher Spielkonsole und Smartphone auf dem Programm als Herumtoben im Freien. „Damit wurde eine Tendenz deutlich verstärkt, die schon vorher zu beobachten war“, erklärt der in Berlin-Wittenau praktizierende Kinderarzt Kyros Mani. „Sie führt zu mehr Bewegungsarmut und Übergewicht, außerdem können soziale und psychische Probleme resultieren. Es gibt Hinweise darauf, dass der anhaltende Lockdown diese Folgeerscheinungen noch einmal deutlich forciert.“
Während die genannten Probleme noch recht augenfällig sind, übersehen viele Eltern ein Gesundheitsrisiko, das ebenfalls durch die Lockdown-Gewohnheiten zugenommen hat: Kurzsichtigkeit. Das viele Kunstlicht direkt vor den Augen fordert ihren Tribut, was sich schon seit Jahren in steigenden Kurzsichtigkeitszahlen zeigt.
„Bildschirm statt Horizont, LCD statt Sonnenlicht“
Eine aktuelle Studie aus dem chinesischen Shandong kann als Indiz dafür gewertet werden, dass das viele Zuhausebleiben in Pandemiezeiten sich auf die Sehkraft auswirkt. Die Forscher stellten fest, dass der Anteil der Kurzsichtigen bei den Sechsjährigen von 2019 auf 2020 von 5,7 auf 21,5 Prozent und bei den Achtjährigen von 27,7 auf 37,2 Prozent emporgeschnellt ist. Zwar lassen sich aus diesen Zahlen nicht unmittelbar die Gründe für die nachlassende Kindersehkraft entnehmen, doch der Rückgriff auf Bildschirmzeiten erscheint naheliegend.
Auch die deutschen Kinder- und Jugendärzte befürchten eine aufbrandende Welle der Kurzsichtigkeit hierzulande. „Kinder und Jugendliche entwickeln in der Pandemie nicht nur psychische Probleme, nach der Pandemie werden wir auch sehen, dass viele von ihnen eine Sehschwäche entwickelt haben. Und diese ist nicht heilbar, sie bleibt lebenslang“, lässt sich Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), vernehmen.
Eltern können präventiv lediglich versuchen, die Bildschirmzeit ihrer Kinder zu begrenzen und diese mehr an die frische Luft zu schicken. Eine pädagogische Aufgabe, die schon vor der Pandemie nicht einfach war. Doch Michael Achenbach, Pressesprecher des BVJK LV Westfalen-Lippe, betont: „Die Ursachen für die Zunahme von Kurzsichtigkeit bei Kindern sind schon lange bekannt. Kurz gesagt: Bildschirm statt Horizont, LCD statt Sonnenlicht.“