Trotz Corona: Behandlungen bitte nicht verschleppen!

Die Angst vor einer Infektion mit Covid-19 hält verständlicherweise viele Familien vom Kinderarztbesuch ab. Das sollte jedoch nicht dazu führen, dass dringend nötige Behandlungen unterbleiben.

Es ist prinzipiell vernünftig, Besuche an belebten Orten in Zeiten der Corona-Pandemie weitgehend einzuschränken. Das gilt auch für Arztpraxen: Vor einem Besuch sollte man sich überlegen, ob er wirklich nötig ist. Schließlich besteht trotz aller Hygienemaßnahmen immer ein Infektionsrisiko.

Doch die begründete Angst vor Covid-19 scheint aktuell viele Eltern auch dann Arztpraxen meiden zu lassen, wenn ihre Kinder wirklich einer Behandlung bedürfen. So schilderten es mehrere Kinderärzte, denen erkrankte Patienten erst deutlich verspätet vorgestellt wurden, dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Deren Vizepräsidentin Dr. Sigrid Peters zeigt sich alarmiert: „Kolleginnen und Kollegen berichten sogar von Kindern mit einer akuten Leukämie, die zu spät den Weg zum Kinder- und Jugendarzt gefunden haben und damit wichtige Zeit für die Therapie dieser lebensbedrohlichen Krankheit verloren haben. Das sind dann besonders tragische Fälle.“

Auch der in Berlin-Wittenau praktizierende Kinderarzt Kyros Mani warnt vor einer gefährlichen Prioritätensetzung: „Wenn die Gesundheit des Kindes oder Jugendlichen akut bedroht bzw. angegriffen ist, sollte die Behandlung nicht verschleppt werden, um das Corona-Infektionsrisiko zu minimieren. Dieses ist dank der Hygieneschutzmaßnahmen in den Praxen ohnehin geringer als an den meisten anderen nicht-privaten Orten. Das Risiko einer Verschlimmerung der akuten Erkrankung dagegen sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden.“

Auch Impfungen bleiben wichtig
Nicht nur notwendige Therapien unterbleiben derzeit offensichtlich häufig aus Furcht vor Corona, auch Impftermine werden vielfach abgesagt und in die unbestimmte Zukunft verschoben. Das kann gerade bei Babys gefährlich sein: „Die Grundimmunisierung im ersten Lebensjahr schützt vor so gefährlichen Krankheiten wie Keuchhusten, Polio (Kinderlähmung) und Masern. Kinder, die diese Grundimmunisierung und auch die Auffrischimpfung nicht bekommen, sind den Erregern dieser Krankheiten schutzlos ausgeliefert“, betont Dr. Peters. Der BVKJ rechnet damit, dass schon lange erfolgreich zurückgedrängte Krankheiten in naher Zukunft ein unheilvolles Comeback erleben werden – eben weil der Impfschutz derzeit keine hohe Priorität genießt und damit die Gruppenimmunität abnimmt.

Eltern sollten daher genau abwägen und gegebenenfalls telefonisch mit ihrem Kinderarzt besprechen, welche Impfungen verschoben werden können. Ebenso gilt im Falle einer akuten Erkrankung: besser zuerst den Kinderarzt fragen, bevor auf eine ärztliche Diagnose verzichtet wird.