Wachsende Herausforderung für Eltern: Medienerziehung
Die erste „Smartphone-Generation“ kommt ins Erwachsenenalter, und sie zeigt bedenkliche gesundheitliche Auffälligkeiten. Der Umgang mit den Neuen Medien will gelernt sein.
Es ist bezeichnend, wer kürzlich bei der Präsentation einer Handreichung zur Medienerziehung in Berlin anwesend war: die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler. Darin spiegelt sich die Brisanz des Themas wider – der Medienkonsum nimmt bei immer mehr Kindern und Jugendlichen Ausmaße an, die mit „Suchtverhalten“ beschrieben werden können. Und das hat Folgen.
Die erwähnte Handreichung für Eltern wurde von den maßgeblichen Kinderärzte-Organisationen (BVKJ, DGKJ, DGSPJ, DGAAP, DAKJ) sowie der Stiftung Kind und Jugend herausgegeben und vom Bundesgesundheitsministerium gefördert. Sie alle eint die Sorge um die körperliche, vor allem aber geistig-seelische Gesundheit der Heranwachsenden. Mit der Flyer-artigen Handreichung sollen die Eltern für die Risiken sensibilisiert und in die Lage versetzt werden, ihren Kindern von klein auf Medienkompetenz zu vermitteln.
„Das Thema digitale Medien ist zu einer der großen Herausforderungen heutiger Eltern avanciert. Manche von ihnen sind der Verzweiflung nahe, weil sie ihre Kinder einfach nicht für längere Zeit von den Smartphones, Tablets oder Spielkonsolen losbekommen“, berichtet der in Berlin-Wittenau praktizierende Kinderarzt Kyros Mani. „Der Suchtfaktor dieser Geräte und mancher Apps ist beträchtlich: Immer wieder erhalten die Nutzer kleine Belohnungen und Glücksmomente. Gerade Kinder können sich diesen Anreizen schwer entziehen. Die negativen Folgen treten erst viel später auf.“
Geradewegs in die Depression?
Dass ein hoher Medienkonsum zu Negativeffekten führt, ist mittlerweile in Studien belegt. Es beginnt bei körperlichen Beeinträchtigungen: Wer viel Zeit am Bildschirm verbringt, hat wenig Zeit für Bewegung. Mangelnde Bewegung aber führt zu einer Vielzahl von Gesundheitsschäden, vom Herz-Kreislauf-System über den Stütz- und Bewegungsapparat bis hin zum Stoffwechsel. Auch die Entwicklung der motorischen Fähigkeiten leidet – selbst wenn mancher „Gamer“ mit erstaunlicher Präzision und Geschwindigkeit den Controller bedient.
Als noch gravierender empfinden viele Betroffene früher oder später jedoch die psychischen und sozialen Auswirkungen. Denn digitale Aktivitäten können „analoge“ in der Offline-Welt nicht ersetzen, sie schaffen kein Sinngefühl und nur eingeschränkt soziale Erfüllung. Als Folge daraus fühlen sich zahlreiche Jugendliche – trotz Hunderter „Freunde“ in sozialen Netzwerken – einsam. Und daraus wiederum resultieren Depression und eine steigende Selbstmordrate unter Teenagern.
Diesen immensen Risiken müssen die Eltern der „Generation Smartphone“ begegnen, indem sie den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien vermitteln – und idealerweise selbst vorleben.